Engelbert Kaempfer

Engelbert Kaempfer: * 16. September 1651 in Lemgo; † 2. November 1716 in Lemgo-Lieme

Kaempfers Geburtshaus
Kaempfers Geburtshaus (heute: Gemeindehaus St. Nicolai, Foto: Stadtrundgang S. 3).

Engelbert Kaempfer war ein Lemgoer Arzt und Asienforscher. Seit 1938 ist er Namenspatron des vormaligen Gymnasiums zu Lemgo. Im Zuge seiner fast zehnjährigen Forschungsreise, die ihn über Russland und Persien nach Indien, Java (Indonesien), Siam (Thailand) und schließlich in das damals für Europäer im Allgemeinen unzugängliche Japan führte, sammelte er zahlreiche Kenntnisse zu Naturwissenschaft und Landeskunde, aber auch über Geschichte, Recht und Verwaltung der bereisten Länder. Seine Schriften gelten als wichtige Beiträge zur Erforschung der Länder Asiens und prägten lange Zeit wesentlich das europäische Japanbild.

Als Engelbert Kaempfer im Jahre 1651 als Sohn von Johannes Kemper, Pfarrer von St. Nicolai, geboren wurde, deutete nichts daraufhin, dass er einmal bis ins ferne Ostasien reisen sollte. Die Stadt Lemgo hatte sich von den Zerstörungen und Plünderungen des 30jährigen Krieges noch nicht erholt, zudem kam es zu zahlreichen „Hexenverfolgungen.“ 1667 verließ der junge Engelbert daraufhin Lemgo und auch das Gymnasium Lemgoviensum. Von unbändigem Wissensdurst gedrängt, besuchte er in der Folge höhere Schulen in Hameln, Lüneburg, Lübeck und Danzig und studierte Sprachen, Geschichte, Naturkunde und Medizin im polnischen Krakau, preußischen Königsberg sowie im schwedischen Uppsala (seit 1681).

Hier knüpfte er Kontakte zum schwedischen König Karl XI und wurde als schwedischer Gesandtschaftssekretär Teil einer Delegation, die ihn über Helsinki (Finnland), Nowgorod und Moskau (beide Russland) sowie die Ölfelder von Baku (Aserbaidschan), über die er als erster Europäer schrieb, an den Hof des persischen Schahs nach Isfahan (Iran) führte. Ende 1684 trennte er sich von der schwedischen Delegation und trat in der Folge als Arzt im südpersischen Bandar Abbas in den Dienst der damals größten Handelsgesellschaft der Welt, der niederländischen Vereinigten Ostindischen Companie (VOC). In den folgenden Jahren erforschte er das persische Verfassungsrecht ebenso wie die dortigen Dattelpalmen, zahlreiche Tropenkrankheiten sowie das altpersische Ruinenfeld von Persepolis und gab den dortigen „Keil-“Schriftzeichen ihren Namen.

Moderne Abbildung Engelbert Kaempfers
Moderne Abbildung Engelbert Kaempfers (20. Jahrhundert) hinter dem Modell der von ihm erforschten und beschriebenen japanischen Riesenkrabbe. (Foto: Lk)

1688 schließlich reiste er für die VOC über Maskat (Oman), Südindien und Ceylon (Sri Lanka) zum niederländischen Stützpunkt Batavia (heute: Jakarta) auf der Insel Java (Indonesien), wo er sich als Arzt und Erforscher tropischer Pflanzen betätigte. Anfang 1690 erhielt er das Angebot für die Ostindienkompagnie einen Posten auf der künstlich angelegten japanischen Insel Dejima (auch Des(c)hima) – dem Handelsposten der VOC – in der Bucht von Nagasaki anzutreten. Japan hatte sich seit 1637/40 in eine fast 230 Jahre andauernde Selbstisolation begeben. Die japanischen Hauptinseln waren bis in die 1860er Jahre für Ausländer wie Europäer zumeist völlig unzugänglich und auch die niederländische Delegation auf der Handelsinsel Dejima – nahezu Japans einziges Tor zur Außenwelt – war zahlenmäßig begrenzt. Nach einer beschwerlichen und abenteuerlichen Schiffsreise über Siam (Thailand) und China landete er am 24./25. September 1690 auf Dejima.

Seine japanischen Jahre (1690-1692) als holländischer Arzt brachten es auch mit sich, dass er als Arzt der Station in den Jahren 1691 und 1692 an den jährlichen und streng bewachten mehrmonatigen Huldigungsreisen zum Hof des japanischen Shoguns in Edo (Tokyo) teilnahm. Hier sang und tanzte Kaempfer vor dem japanischen Shogun und wurde auch zu medizinischen Fragen um Rat gebeten. Am Ende seiner zweijährigen Dienstzeit auf Dejima nahm Kaempfer zahlreiche Schriften über die Geografie, Botanik und Landeskunde Japans mit auf die Rückreise nach Europa. Nach Stationen auf Java und am „Kap der Guten Hoffnung“ (Südafrika) erreichte er im Oktober 1693 Amsterdam und promovierte im Folgejahr zum Doktor der Medizin an der hoch angesehenen niederländischen Reichsuniversität zu Leiden.

Das Kaempfer-Denkmal
Das Kaempfer-Denkmal auf dem Hohen Wall. Es wurde 1867 dank Spenden aus der ganzen Welt eröffnet. (Foto: Lk)

Mit der Rückkehr auf den Steinhof in Lemgo-Lieme (1694), seiner Berufung zum Leibarzt des lippischen Grafen und seiner Hochzeit begann der letzte Lebensabschnitt Kaempfers, während der er versuchte, seine Forschungsergebnisse zu verschriftlichen. Als Konsequenz aus der schlechten Zahlungsmoral des Grafen finanziell angeschlagen und auch privat gebeutelt durch Krankheit, eine unglückliche Ehe mit seiner deutlich jüngeren Frau sowie dem frühen Tod seiner Kinder, erscheinen bis zu seinem Tod (1716) jedoch nur die „Amoenitates.“ Seinen umfangreichen Nachlass erwarb in den Folgejahren bis 1725 Sir Hans Sloane, Präsident der britischen „Royal Society“ aus dessen Nachlass u.a. das „British Museum“ (London) entstand und der zudem Leibarzt des britischen Königs Georg war. In der Folgezeit kam es zu Übersetzungen der Schriften Kaempfers ins Englische, Französische, Holländische und Russische – in späteren Jahrhunderten wurden sie gar in die japanische Sprache übersetzt. Dies ist ein Grund dafür, dass Engelbert Kaempfer in vielen anderen europäischen Ländern, aber auch Japan weit bekannter ist als in Deutschland.

Im September 1938 – exakt 248 Jahre nach Kaempfers Landung auf Dejima – wurde unsere Schule in „Engelbert-Kämpfer-Schule“ umbenannt. Engelbert Kaempfer war als schwedischer Diplomat, holländischer Arzt und deutscher Forschungsreisender ein Mensch seiner Zeit gewesen, die noch keine Nation, Nationalstaaten oder Nationalismus kannte und war folglich ebenso Europäer wie Weltbürger und Kosmopolit. Es ist daher eine besonders bittere Ironie der Geschichte, dass unser Gymnasium genau in der verabscheuungswürdigen Zeit des Nationalsozialismus seinen Namen bekam, in der Kaempfer als „großer Deutscher“ Teil der NS-Propaganda wurde. Die Schule hat als heutiges „Engelbert-Kaempfer-Gymnasium“ nach 1945 versucht, in Form eines naturwissenschaftlichen Schwerpunktes ebenso wie einer Berücksichtigung der globalen Völkerverständigung durch Schüleraustausche mit Schulen vieler anderer Länder (Frankreich, Niederlande Türkei,…) mehr die eigentlichen Tugenden Kaempfers in den Vordergrund zu rücken.

Verfasser: Dr. F. Lueke

Quellen:

Karl Meier, Engelbert Kaempfer (1615-1716). Erster deutscher Forschungsreisender (15S. Hrsg. Alte Hansestadt Lemgo).

Hans Hoppe, Engelbert Kaempfers Reisen zu Wasser und zu Lande; In: Festschrift Engelbert-Kämpfer Gymnasium Lemgo (1583-1983).

Lothar Weiß, Auf Engelbert Kaempfers Spuren durch Lemgo. Ein Stadtrundgang (15S. Hrsg. Von der Engelbert-Kämpfer-Gesellschaft Lemgo e.V.).

http://de.wikipedia.org/wiki/Engelbert_Kaempfer (Zugriff: 22.03.2015).

http://www.engelbert-kaempfer-gesellschaft.de/index.php/Biographie.html (Zugriff: 24.03.2015).